jüngerer Mann mit Brille liest Weinetikett vor Weinregal sitzend

Weinetiketten: Welche Informationen sie bieten und wie wir sie lesen

Eine Flasche Wein aus dem Regal zu holen, ist eine Frage von Sekunden. Die Auswahl des Weines jedoch nimmt unter Umständen deutlich mehr Zeit in Anspruch. Ob der Tropfen tatsächlich der richtige ist und was von ihm zu erwarten ist, verrät das Etikett. Dieses zu studieren und zu interpretieren will jedoch gelernt sein. Ein Überblick.

Weinetiketten blicken auf eine lange Tradition zurück

Das Weinetikett, wie es die Genusswelt heute kennt, ist etwa zweihundert Jahre alt. Zu den ersten Papieretiketten weltweit soll jenes gehören, welches im Schloss Johannisberg 1822 an der Mosel verwendet wurde. Mit der Lithografie hielten die Papierschilder dann zügig Einzug in der gesamten westlichen Weinkultur.

Doch wer die Geschichte noch weiter verfolgt, reist bis weit in die Vergangenheit zurück. So bedienten sich bereits die Sumerer vor mehr als 6.000 Jahren sogenannter Rollsiegel. Zu Zeiten der antiken Römer sowie Griechen gab es Anhänger und Gravuren, die mehr über den Inhalt der Amphoren verrieten. Heute ist das Weinetikett selbstverständlich anders gestaltet und auch reglementiert als damals.

Rotweinflaschen nebeneinander stehend mit Weinetiketten

Etiketten in Europa: Ein gemeinsamer Rahmen für alle

Damit Weinetiketten als Informationsquelle dienen können, existiert in der Europäischen Union eine gesetzliche Richtlinie. Sie legt die inhaltliche und optische Gestaltung fest. Hier enthalten sind nicht nur die zugelassene Schriftgröße, sondern auch verpflichtende Angaben wie:

  • die Qualitätsstufe,
  • die geografische Herkunftsangabe,
  • der Abfüller,
  • der Alkoholgehalt,
  • das Nennvolumen,
  • die Amtliche Prüfnummer,
  • die Loskennzeichnung
  • und Hinweise für Allergiker im Hinblick auf Sulfite und Schönungsmittel mit Eiweiß.

Bereits diese Informationen helfen Genießern dabei, mehr über den Inhalt einer Weinflasche zu erfahren. So schätzen sie schneller ein, ob dieser ihrem Geschmack entspricht. Wer beispielsweise kräftige Rotweine liebt, freut sich über einen Reserva aus der spanischen Weinregion Rioja. Wer einen sanften Weißwein sucht, liegt mit einen Verdejo aus der portugiesischen Vinho Verde-Region richtig.

Nicht alle Angaben sind verpflichtend

Abgesehen von den obligatorischen Angaben auf einem Weinetikett genießen Winzer sowie Weingüter außerdem die Freiheit, weitere optionale Informationen aufzudrucken. Erlaubt sind diesbezüglich Angaben zu:

  • Jahrgang
  • Rebsorten
  • Lagen
  • Speiseempfehlungen
  • Serviertemperatur
  • Verkostungsnotiz

In einigen Bereichen gelten zusätzliche Einschränkungen. So erlaubt das Gesetz den Aufdruck von Rebsorten nur, wenn es sich um:

  • einen sortenreinen Wein,
  • eine Cuvée mit nur zwei Rebsorten,
  • oder eine Cuvée mit mindestens 85 Prozent einer Rebsorte handelt.

Eine Jahrgangsangabe ist dann gestattet, wenn mindestens 85 Prozent des Leseguts aus dem entsprechenden Jahr stammen. Bei Weinen, die im jugendlichen Alter den größten Genuss versprechen, weist die Jahrgangsangabe darauf hin, ob der Wein noch jung genug ist. Bei Weinen mit großen Reifepotenzial hingegen zeigt der Jahrgang bisweilen, dass der Genuss nun noch hochkarätiger ausfällt.

Beiges Etikett mit Infos zum Wein

Andere Länder, andere Etiketten? Kleine Unterschiede kennenlernen

Die Rahmendbedingungen der Europäischen Union sind zweifellos ein erster Schritt, um die Welt der Weinetiketten einheitlicher zu gestalten. Dennoch bleibt es dabei, dass sich zwischen den einzelnen Weinländern durchaus Unterschiede ergeben.

Deutschland

Bei deutschen Weinflaschen ist das Rückenetikett für gewöhnlich die Hauptinformationsquelle. Hier finden sich Angaben zum Erzeuger sowie dem Abfüller und zu allen oben genannten Pflichtaspekten. Ebenfalls zu finden sind auf deutschen Etiketten nicht selten Informationen rund um:

  • die Klassifikation der Lage,
  • das Prädikat (Kabinett, Auslese, Spätlese, Beerenauslese, Eiswein, Trockenbeerenauslese),
  • die Qualitätsstufe
  • und die geschmackliche Richtung (trocken, halbtrocken, feinherb, lieblich).

Frankreich

Bei französischen Weinen und Etiketten ergeben sich einige kleine Unterschiede zu deutschem Wein. So kommt es in Frankreich seltener vor, dass Winzer die Rebsorte nennen. Sie fokussieren sich öfter auf den Namen des Weins, den Erzeuger und die Weinregion.

Auch Subregionen innerhalb großer Anbaugebiete wie etwa dem Burgund geben französische Winzer gerne an. Das vor allem, weil viele Regionen bekannt für bestimmte Rebsorten sind und sich somit trotz der fehlenden Angabe Hinweise auf die verwendete Traube ergeben.

Italien und Spanien

Italienische und spanische Weinetiketten sind sich recht ähnlich. Sie unterscheiden sich zudem nur unwesentlich von französischen Etiketten. So finden sich hier der Weinname, der Erzeuger und das Anbaugebiet als zentrale Informationen.

Hinzu kommen häufig Angaben zur Qualitätsstufe, welche je nach Wein sowohl regionale als auch altersspezifische Details offenbart. Ein Crianza ist beispielsweise ein jüngerer Wein als ein Reserva und ein IGT-Wein gehört einer geringeren Qualitätsstufe als ein DOCG-Wein an. Auch Informationen zur Reife in Holz geben Winzer vor allem in Spanien gerne an.

Weinländer der neuen Welt

Die Weinländer der neuen Welt – also beispielsweise Chile, Australien, Südafrika und Kalifornien – unterliegen nicht den Vorgaben der Europäischen Union. Daher fallen ihre Weinetiketten nicht selten etwas anders aus und Winzer gestalten sie freier. Informationen finden Genießer dann entweder komprimiert auf dem Vorderetikett oder auf Vorder- und Rückenetikett verteilt. Klassische Angaben auf Etiketten aus der neuen Welt sind:

  • der Erzeuger,
  • der Weinname,
  • der Jahrgang,
  • das Anbaugebiet (z.B. Stellenbosch)
  • und die Rebsorte.
Frau liest Etikett von Rotweinflasche

Wichtig: Das Etikett liefert Informationen, jedoch keine konkrete Einordnung!

In der Theorie handelt es sich bei einem DOCG-Wein im Vergleich zum IGT-Tropfen um einen höherwertigen Tropfen. Das jedoch bedeutet nicht, dass Etiketten konkret über die zu erwartende Qualität informieren. Manche Winzer entscheiden sich bewusst für eine geringere Klassifikation und kreieren mit der hinzugewonnenen Freiheit herausragende Weine. Daher ist es wichtig, ein Weinetikett als sinnvollen Helfer, jedoch nicht als einzige Informationsquelle zu betrachten.

Muss ich das können? Wein und die digitale Zukunft

Wie britische Markforscher des Unternehmens Wine Intelligence erst kürzlich berichteten, befindet sich das weltweite Weinwissen auf dem Sinkflug. Dies bedeutet, dass immer weniger Menschen über ausreichendes Wissen rund um:

  • Anbaugebiete,
  • Rebsorten.
  • und Qualitätsstufen verfügen.

Parallel zu dieser Entwicklung bemerkten die Experten steigendes Vertrauen der Verbraucher in visuelle, leicht zugängliche Informationen.

Dies weist darauf hin, dass Weinetiketten auch in der Zukunft wichtig bleiben. Für sich allein werden sie dabei jedoch eventuell nicht stehen. Wer nicht weiß, was sich hinter der Rebsorte Chardonnay verbirgt, kommt mit einem Etikett ohne Zusatzinfos nicht weit.

Zukünftig werden Angaben zur Verkostungsnotiz eines Weins auch auf dem Etikett immer wichtiger. Auch Webseiten, die alle relevanten Informationen inklusive Verkostungsnotiz und Speisenempfehlungen liefern, sind essenzielle Bestandteile der zukünftigen Weinwelt.

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